Ist Waldbaden gesund?

Waldbaden – der Aufenthalt in der Atmosphäre des Waldes – ist in Japan bereits als Teil der Gesundheitsvorsorge etabliert. Auch in Deutschland wird Waldbaden langsam bekannter. Vielleicht ist Ihnen bereits aufgefallen, dass auch wir gerne Videos in der freien Natur und insbesondere im Wald produzieren. Doch hat Waldbaden einen Nutzen für Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden? Ist Waldbaden gesund? Wir überprüfen, was die Wissenschaft hierzu sagt.

Waldbaden – Ein Blick nach Asien

In unserer modernen westlichen Medizin und wissenschaftlichen Forschung spielt der Nutzen des Waldes und der Natur bei der Vorbeugung von Zivilisationskrankheiten kaum eine Rolle. Daher lohnt ein Blick nach Korea und Japan. Ein Großteil der wissenschaftlichen Literatur kommt aus diesen beiden Ländern, in denen der Wald als Bestandteil eines gesunden Lebens einen höheren Stellenwert einnimmt, als dies bei uns der Fall ist.

Denn zahlreiche Studien belegen, dass der Aufenthalt im Wald und der Kontakt mit der Natur das Stressempfinden reduziert und Entspannung fördert. Waldbaden wirkt sich positiv auf Ihre Sinne aus. Bereits der Anblick des Waldes ist gut für Körper und Geist. Eine der ersten Studien zur gesundheitlichen Wirkung der Natur wurde im Jahr 1984 im renommierten Wissenschaftsmagazin „Science“ veröffentlicht. Patienten, die nach einer OP in einem Zimmer mit einem Ausblick in die Natur lagen, erholten sich schneller und nahmen auch weniger starke Schmerzmittel als Patienten, die einen Ausblick auf eine Wand hatten.

Waldbaden wirkt positiv auf Körper und Geist

Ein Spaziergang im Wald lässt sich direkt an physiologischen Parametern ablesen. Blutdruck und Stressparameter wie beispielsweise der Cortisol-Wert sind bei einem Spaziergang im Wald deutlich reduziert. Bei einem Spaziergang in der Stadt tritt dieser positive Effekt hingegen nicht ein. Dass wir in Bewegung sind und raus kommen aus unserem immer häufiger sitzenden Alltag kann – zumindest nicht allein – den positiven Effekt des Waldes erklären. Doch was genau macht den Wald zu einem solch wohltuenden Ort? Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass eine Kombination von mehreren Gründen hierfür verantwortlich ist. Die Luft im Wald lässt uns aufatmen. Sie enthält nur ca. 10 % des Staubes, den wir in Stadtluft finden – so wenig Staub enthält sonst nur Meer- oder Bergluft. Studien zeigen, dass ein Waldspaziergang bereits nach kurzer Zeit zu einer deutlichen Stimmungs­auf­hellung sowie zu einer Verbesserung des Selbstwertgefühls führt. Das Waldpanorama, das Plätschern eines Baches oder das Rascheln der Blätter – all das beruhigt und lässt Sie besser fühlen. Noch ein Grund für die positive Wirkung des Waldes wird in der wissenschaftlichen Welt diskutiert: Terpene.

Terpene – wohltuendes Aroma des Waldes

Terpene sind sekundäre Pflanzenstoffe, die der Pflanze als Abwehrstoff gegen Schädlinge dienen. Es gibt Tausende verschiedener Terpene, die als Duftstoffe für das typische Aroma insbesondere in Nadelwäldern verantwortlich sind. Eine Studie aus dem Jahr 2019 zeigte beispielsweise, dass bei Probanden, die eine Mischung aus drei verschiedenen Terpenen für nur gut 2 min einatmeten, Stresslevel bereits deutlich reduziert waren. Darüber hinaus konnten mehrere Studien auch einen Zusammenhang zwischen einem Aufenthalt im Wald und der Funktion des Immunsystems zeigen. Probanden in Japan nahmen an einem Waldbaden-Programm mit mehreren zweistündigen Wanderungen teil. Dabei zeigte sich auch hier neben einem reduzierten Stresslevel ein positiver Einfluss auf die Funktion des Immunsystems. So stieg sowohl die Zahl der natürlichen Killerzellen als auch deren Aktivität signifikant an und blieb auch noch 30 Tage nach Ende des Programms erhöht. Bei entsprechenden Stadtspaziergängen trat dieser Effekt nicht auf. Natürliche Killerzellen sind Zellen des Immunsystems, die virusinfizierte Zellen sowie Tumorzellen erkennen und an deren Vernichtung beteiligt sind.

Waldbaden – die Kombination macht’s

Terpene kommen im Wald allerdings nur in Konzentrationen von einigen wenigen Molekülen in einer Milliarde Luftteilen vor. Bei derart niedrigen Konzentrationen, wie wir sie in der Waldluft finden, ist es daher schwer vorzustellen, dass allein von Terpenen die positiven Effekte der Natur ausgehen. Vermutlich ist es die Kombination aus Ruhe, klarer Luft, dem Anblick der grünen Landschaft und Terpenen, die den Wald letztendlich zu so einem wohltuenden und stressfreien Ort für uns machen.

Ein regelmäßiger Waldspaziergang unterstützt Ihre Gesundheit mehr als Sie vielleicht annehmen. Das Beste daran ist, dass Nebenwirkungen nicht zu befürchten sind und auch Ihr Geldbeutel wird geschont. Denn diese Art der Vorsorge ist komplett kostenlos.

 

Referenzen:

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MM Hansen, R Jones and K Tocchini, Shinrin-Yoku (Forest Bathing) and Nature Therapy: A State-of-the-Art Review, Int. J. Environ. Res. Public Health 2017, 14, 851; doi:10.3390/ijerph14080851.

JC Kim et al., The Potential Benefits of Therapeutic Treatment Using Gaseous Terpenes at Ambient Low Levels, Appl. Sci. 2019, 9, 4507; doi:10.3390/app9214507.

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Y Tsunetsugu, BJ Park and Y Miyazaki, Trends in research related to ‘‘Shinrin-yoku’’ (taking in the forest atmosphere or forest bathing) in Japan, Environ. Health Prev. Med. 2010, 15:27–37.