Gentests – worauf Sie achten müssen

Als im Jahr 2001 das Genom entschlüsselt wurde, war die Begeisterung riesig. Unser Genom besteht aus ca. 3 Milliarden Basenpaaren – Abfolgen der chemischen Bausteine Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin. Diese vier Basen in einer bestimmten Abfolge definieren unseren Bauplan. Sie bestimmen, ob wir eine Veranlagung für bestimmte Krankheiten besitzen oder ob wir bestimmte Nahrungsmittel nicht vertragen. Die Genetik ist die Grundlage – was Sie daraus machen, steht auf einem anderen Blatt.

Kein Gentest ohne sinnvolle Datenauswertung

Nach einer anfänglichen Euphorie stellte sich jedoch schnell Ernüchterung ein. Ohne die entsprech­ende Interpretation der Daten und biochemisches Hintergrundwissen erhalten Sie einen Datenberg, der Ihnen nicht weiterhilft. Auch in den Medien wurde Genetik zusehends kritisch gesehen. Insbesondere amerikanische Konzerne, die nicht an strenge europäische Datenschutzrichtlinien gebunden sind, verkaufen die Daten ihrer Kunden weiter z.B. an Pharma­kon­zerne – eine Praxis, die in Deutschland schon allein durch unseren strengen Datenschutz verboten ist.

Wann ein Gentest sinnvoll ist – und auch nicht

Die Medien übersehen leider in ihrer Kritik an Gentests eine sehr wichtige Unterscheidung. Damit ein Gentest sinnvoll ist, muss es eine klare Verbindung vom Genotyp zum Phäntyp geben. Der Genotyp ist dabei die genetische Ausprägung, während der Phänotyp die beobachtete Merkmalsausprägung ist (also z.B. braunes Haar oder die blaue Augenfarbe).

Nehmen wir als Beispiel die Neigung dazu, eine Depression zu entwickeln. Die Depression ist der beobachtete Phänotyp. Zu ihrer Entstehung trägt die persönliche Genetik bei. Allerdings ist die Entstehung einer Depression ein komplexer Prozess, der nicht auf ein einzige oder wenige genetische Veränderungen zurückzuführen ist. Natürlich spielen auch die Umgebung und das Umfeld, in dem sich die Person befindet, eine entscheidende Rolle, ob jemand depressiv wird oder nicht. Die Verbindung von Genotyp zum Phänotyp, in unserem Beispiel die Entstehung einer Depression, ist äußerst komplex und hängt von vielen Faktoren ab. Hierauf einen genetischen Test aufzubauen, der nur wenige genetische Varianten testet, und Aussagen zu treffen, ob jemand depressiv wird oder eben nicht, ist nach dem jetzigen Stand der Wissenschaft nicht möglich. Allenfalls könnte hier mit Wahrscheinlichkeiten gearbeitet werden, die aber nichts über Sie persönlich aussagen. Es gibt hier einfach zu viele Variablen, die dazu führen, ob ein Ergebnis eintritt oder nicht.

Die persönliche Genetik mit beobachtbaren Effekten verknüpfen

Im Gegensatz dazu stehen jedoch Analysen, bei denen die Verbindung von Genotyp zu Phänotyp klar beschrieben ist.  Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Viele Asiaten vertragen keinen Alkohol. In den allermeisten Fällen liegt es daran, dass Asiaten eine bestimmte Mutation in einem Enzym besitzen, welches ein giftiges Abbauprodukt normalerweise weiter abbaut. Es kann also eine direkte Ursache-Wirkung-Verbindung hergestellt werden. Nun weiß jeder, der keinen Alkohol verträgt, dass er keinen trinken sollte bzw. Sie werden es bei einem einfachen Versuch merken. Dazu brauchen Sie jetzt nicht unbedingt einen Gentest. Das gleiche Prinzip wie in unserem Beispiel gilt jedoch auch für eine Vielzahl von anderen Stoffwechselwegen. Wie gut Sie Koffein abbauen oder bestimmte Arzneimittel verwerten, hängt ebenso von Ihrer persönlichen Genetik ab. Wie gut Sie Omega 3-Fettsäuren verwerten, wie Ihr Körper Vitamin A oder Vitamin D aus Vorstufen bildet – auch hierauf hat Ihre persönliche Genetik einen Einfluss. Bei all diesen Beispielen ist der Zusammenhang zwischen einer genetischen Veränderung und dem Einfluss auf die damit verbundenen Stoffwechselwege gut untersucht.

Genetik sinnvoll einsetzen

Damit können Sie das Wissen um die eigene Genetik vorbeugend einsetzen. Anstatt wie in der heutigen Medizin immer noch üblich zu warten, bis ein Problem entsteht und dann die Symptome zu behandeln, bietet zusätzliches genetisches Wissen die Möglichkeit Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen. Indem Sie Ihr Leben an Ihre persönliche Genetik anpassen, können Sie Ihr Leben selbst in die Hand nehmen.